|
„Schweige und höre, lausche deines
Herzens Ohr, suche den Frieden“
Dieses
kleine Lied trägt eine große Aussage in seiner Forderung. Können wir dem
folgen? Meistens nicht. Dann bleibt es beim Suchen. Aber wir kommen
vielleicht während des Singens -wie überhaupt beim Singen- dieser
Aufforderung näher und ahnen den aufsteigenden Frieden in uns selbst.
Sri Aurobindo, der große indische Yogaphilosoph, hat eine Staffelung zum
Thema erstellt, wobei er die Ruhephase an erster Stelle nennt. Danach die
Stille, anschließend den Frieden und erst dann das Schweigen.
Ich möchte hierzu mit meinen Worten etwas aufschlüsseln:
Um Ruhe herzustellen, reicht es manchmal schon, sich auf etwas anderes, als
auf das , was mich unruhig macht, auszurichten. Man kann zum Beispiel eine
Tür vor zuviel Lärm schließen oder einen Waldspaziergang machen. Natürlich
helfen auch Entspannungsübungen jeder Art.
Um Stille zu gewinnen, bedarf es jedoch mehr an Übung. Denn das Abstellen
der vielen Gedanken gelingt nicht auf Knopfdruck. Dazu sollten solche
Übungen bekannt sein, die das vegetative Nervensystem auf Ruhe schalten
lassen.Jeder Yogaübende und Meditierende weiß um die regelmäßige Ausführung,
damit der Gedankenfluss gestillt wird und sich ein inneres Feld der Stille
ausbreitet.
Um nun auf allen Ebenen Frieden zu bekommen, sind mehr als körperliche und
spirituelle Übungen nötig. Durch Ausführung der Stilleübungen hat sich oft
ein neues Weltbild ergeben, welches evtl. in der Praxis noch nicht gelebt
werden konnte. Um jedoch auf allen Ebenen Frieden zu haben, muss der Übende
ein durch und durch friedfertiger Mensch werden. Das bedeutet auch, durch
die eigene Psyche gegangen zu sein und alle „Dämonen“ aufgespürt zu haben,
die keinen größeren Umbruch mehr bewirken. In der Weihnachtszeit erfreuen
mich immer wieder die biblischen Worte, die Engel verkündeten:
„Frieden auf Erden den
Menschen, die guten Willens sind“
Es scheint das Schwerste zu
sein -wenn wir auf den Unfrieden in der Welt blicken- was es zu bewältigen
gilt. Und dieser Unfrieden beginnt in jedem von uns und bleibt, wenn wir ihn
nicht sehen wollen und konkret angehen. Er hat die Tendenz sich
auszubreiten, in Gedanken, Worten und Taten.
Wer oft den Grad der Stille erreicht hat und dabei in die Tiefe gelangte,
wird seltener wie ehemals reagieren, sondern sich neu entdecken und neu
handeln. Denn auch Friedfertigkeit strahlt aus und erreicht die anderen, die
sich einschwingen können, um am Feld des Friedens mitzuwirken. Meistens
vergehen Jahre, bis solche Erkenntnisse gewachsen und umgesetzt worden sind.
Manchmal trifft uns ein Wort, wie beim Friedensgruß im Gottesdienst:
„Friede
sei mit dir“ „Und mit dir“.
Diese Handreichung kann
positiv überraschen, besonders wenn sie echt ist und dann Anlass zu weiteren
entsprechenden Handlungen führt.
Es gibt noch eine andere und ganz besondere Art und Weise, um den Frieden
des Herzens zu erlangen. Es ist das Loslassen von allem, was bisher Geltung
hatte, besonders, wenn der Seelenfriede schon lange gestört wurde. Manchem
kam das Loslassen einem Sterben gleich. Und in gewisser Weise ist es das
auch. Der Mystiker Angelus Silesius schrieb:
„Wer nicht stirbt, eh' er
stirbt, der verdirbt, eh' er stirbt“
Das kann so viel heißen wie:
So lange du um all Deine Güter oder Nichtgüter kreist und dich sorgst, bist
du innerlich nicht frei.
Was kann konkret helfen, um eine Entscheidung zur inneren Zufriedenheit zu
treffen? Die Meister sagen: Schaue dem Strom zu, aber schwimme nicht mehr
mit.
„Schweige und höre, lausche
deines Herzens Ohr...“
Viel Arbeit am Selbst ist
vorausgegangen, ehe es in uns schweigt. Wer einen Schweigekurs
besucht, schweigt nach Vorschrift und auch aus Neugier. Da heißt es: Nicht
sprechen, obwohl sich die Gedanken dabei meistens vermehren. In Gedanken
sprechen wir ja zunächst ununterbrochen weiter. Dennoch sind diese äußeren
Angaben nötig, um mehr und Tieferes zu erfahren, bis es -in uns- von
selbst schweigt.
Auch Geübte, die schon öfter in der Erfahrung des Schweigens standen,
beginnen immer wieder von vorn. Denn das Nervensystem lässt sich nicht
überlisten. Es muss zuerst zur Ruhe gebracht werden, dann in die Stille
eintauchen, um Frieden zu finden, damit ein tiefes, inneres Schweigen
erfolgen kann. Manchmal ist dieses Schweigen nur in Sekunden wahrzunehmen,
manchmal auch in Minuten... Irgendwann erfasst es den Alltag, der dann immer
klarer und einfacher wird, weil der Übende im Augenblick lebt.
Andreas Gryphius schreibt: „...Der Augenblick ist mein, und nehm' ich den in
acht, so ist der mein, der Zeit und Ewigkeit gemacht.“
In der Meditation lauschen wir auf das, was aus dem Inneren unseres Herzens
kommt. Teresa von Avila hat am Ende all' ihrer Zweifel des Wohin, Warum und
Wie gesagt: „Es war ein Gezogenwerden nach innen...“
In der Mystik wird oft davon
gesprochen, die Heimat zu verlassen. Damit ist das Alte und das Übliche
gemeint. Wenn das geschehen ist, schreibt zum Beispiel ein Fridolin Stier
folgendes:
„Dann wirst du vielleicht dem Anderen begegnen, für das du weder Namen noch
Begriffe hast, dem ur- und ingründig Wirklichen und Wirkenden begegnen. „...
Und dann wird dir, vielleicht wird dir dann aus allem und jedem, das um dich
ist, das Unnennbare erscheinen, und du wirst jene Stimme hören, die du noch
nie gehört, sehr nah und gewaltig wirst du sie hören:
ICH BIN DA
!
|
|